Einem Nachtrag von späterer Hand im Katharinentaler Urbar von 1510/23 ist zu entnehmen, dass die Untermühle am 22. August 1622 für 1022 Gulden dem Müller Stoffel Breiter verkauft worden sei und das Kloster deswegen in Zukunft kein Grundzins mehr fordern könne. Bis heute ging die Forschung davon aus, dass Christoph Breiter der damalige Untermüller war, der die Mühle nach der Übernahme umbaute. Später sei sie an die Familie Ritzmann verkauft worden, in deren Besitz sie danach bis ins 19. Jh. verblieb. Diese Interpretation wirft Fragen auf, da die Familie Ritzmann bereits 1591, vielleicht sogar schon 1567, auf eben dieser Untermühle sass [1], während die Vorfahren Stoffel Breiteres die Obermühle 1569 erworben hatten. Da beide Familien sich sicher bis 1617 nebeneinander je auf ihren Mühlen nachweisen lassen, ebenso auch wieder nach dem Tod Stoffel Breiters 1623 [2], müsste davon ausgegangen werden, dass diese ihre Mühlen nur für einige wenige Jahre getauscht hätten, was doch eher unwahrscheinlich anmutet.
Welche anderen Erklärungen bieten sich an? Hat sich im erwähnten Urbarnachtrag vielleicht ein Fehler eingeschlichen, d.h. hatte nicht Stoffel Breiter, sonder Stoffel Ritzmann den auf der Untermühle lastenden Grundzins abgelöst? Obwohl solche Fehler nicht sehr häufig sind, ist ein solcher nicht auszuschliessen, umso mehr, als zum Zeitpunkt der Niederlegung für das Kloster lediglich der Umstand wichtig war, dass der Zins abgelöst worden war, nicht aber der Namen der Person, durch welche dies geschah. Überprüfen lässt sich die Erklärung nicht, da sich (bis jetzt?) im Klosterarchiv keine Abschrift eines entsprechenden Kaufbriefs beibringen liess [3].
Schliesslich wäre es auch möglich, dass Breiter den Zins ablöste, obwohl ihm die Untermühle gar nicht gehörte, dass Breiter also den auf der Mühle liegenden Grundzins nur im Sinne einer sicheren Investition mit regelmässiger Rendite erwarb. Diese Erklärung bietet sich umso mehr an, als Stoffel Breiter spätestens seit etwa 1605 die Rolle eines lokalen „Bankiers“ spielte, Kredite vergab, im Auftrag von Kunden deren Schulden eintrieb und offene Rechnungen beglich, überregional mit Pferden und Vieh handelte und schliesslich auch gezielt Schuldbriefe aufkaufte und diese investitionsfreudigen städtischen Bürgern zum Kauf anbot. Anscheinend hatte er bei dessen Geschäften nicht immer eine glückliche Hand, sind doch verschiedene Prozesse gegen ihn überliefert, weil er seine Verpflichtungen nicht einhalten konnte [4]. Als nach Stoffel Breiters Tod der Vogt seiner Kinder die Obermühle an dessen ältesten Sohn Hans Jakob übertrug, musste er feststellen, dass neben rund 4'000 Gulden Schulden auf dem Gut auch noch weitere Schulden und Widerschulden von „etlichen tusen Guldin“ offen waren, die er soweit möglich „gegen Frömden und Heimschen richtig machen helfen“ d.h. in Ordnung bringen wollte [5]. Vielleicht ging damals auch der Kaufbrief an die damaligen Besitzer der Untermühle, in deren Besitz sich dieser noch 1807 befand [6].
[1] | - | Ein Hans Ritzmann, allerdings ohne Berufsbezeichnung erscheint erstmals 1567 in den Pfarrbüchern anlässlich der Taufe seiner Tochter Anna. Pate war Conrad Gysler, der damalige Obermüller; StAZ E III 42.1, p. 12. |
- | 1572 heiratet ein Hans Ritzmann Anna Sigrist und vier Jahre später wird Sohn Jerg geboren, dessen Pate der damalige Bäcker von Flaach Jörg Frymüller war, was vielleicht auch auf einen beruflichen Zusammenhang hindeuten mag; StAZ E III 42.1, 347 und 47. |
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- | Erstmals als Müller fassbar ist ein Hans Ritzmann 1591, als er als Zeuge in einem Streit um das Erbe des Gerichtsvogts und Obermüllers Hans Jacob Breiter gegen dessen Neffen und späteren Obermüller Stoffel Ritzmann aussagte. Demnach sei dieser „liederlich und dem win ergeben“ gewesen, StAZ A 122.1, Nr. 124-129. | |
- | Hans Ritzmann war nicht der erste Träger seines Namens in Flaach. Dennoch wäre es möglich, dass dieser von Haslach bei Wilchingen SH zugewandert ist, wo- eine Familie Ritzmann seit mindestens zwei Generationen die dortige Mühle betrieb. Als ältester Sohn des damaligen Müllers wurde in Haslach 1542 ein Hans Ritzmann von Haslach geboren, über dessen weiteres Schicksal nichts bekannt ist. Vgl. die unpublizierten Stammtafeln der Familie Ritzmann von Haslach von Martin Schuppisser-Bollinger, 8217 Wilchingen. | |
[2] | StAZ W I 1, Nr. 1688: 1624 verkauften die Erben von Stoffel Breiter die Mühle an der Steig, d.h. die Obermühle, an | |
[3] | das Original des Kaufbriefs war dagegen 1807 noch vorhanden. Leutnant Heinrich Ritzmann legte den „alten pergamenten Kaufbrief de Ao 1622“ vor, als er die Untermühle dem Buchberger Chirurgen Joseph Keller verkaufte; der Notar suchte darauf vergebens in den Grundbüchern nach einem entsprechenden Beleg für den Kauf von St. Katharinenthal. StAZ B XI Andelfingen 366, p. 45. Das Original scheint in der Zwischenzeit verloren gegangen zu sein. |
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[4] | - | Kreditgeschäfte: A 122.1 Nr. 150 (2.3.1606) Der Damalige Landvogt von Hohenklingen klagte gegen Breiter, da dieser Geld, das er in seinem Auftrag bei einem Metzger zu Flaach eingetrieben hatte, wegen alter Schulden für sich behalten habe; Interessant in diesem Zusammenhang eine detaillierte Abrechnung Breiters der für den selben Landvogt getätigten Einnahmen und Ausgaben. |
- | Zum Handeln mit Schuldbriefen: A 122.1 Nr. 178 (12.5.1613) Der Schultheiss von Winterthur klagt gegen Breiter, da er bei diesem Schuldbriefe im Wert von 700 fl bestellt, dieser aber bis jetzt erst Briefe für 200 fl geliefert habe. | |
[5] | StAZ W I 1 Nr. 1681 (5.1.1624) | |
[6] | Vgl. Anm. 16. |