UNTERMÜHLE FLAACH

Mühlenmuseum zur Unternmühle

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Bauten 1594 - 1603

Bauten 1594-1603

Wie gesehen war die Untermühle seit der zweiten Hälfte des 16. Jhs. Im Besitz der Familie Ritzmann. Diese veranlasste demzufolge auch die Umbauten, welche dendrochronologisch für die Jahre 1593 (Türsturz im Keller) und 1598  (Inschrift an der nach 1927 aus dem Haus entfernten Fenstersäule mit Wappen im ersten Stock) belegt sind. Besonderes Interesse erweckt in diesem Zusammenhang ein Eintrag im Flaacher Totenbuch, nach welchem am 25. April 1594, „Hans Ritzman, ein guter verhitzer wolhabender mann ungefar bi 40 jarn alt [starb], als er in allen bow mit der nüwen müli was,“ d.h. dass dieser also während den laufenden Bauarbeiten an der Mühle (in Folge eines Arbeitsunfalls?) verstorben sei[1]. Von daher kann davon ausgegangen werden, dass sich die Bauarbeiten über einige Jahre erstreckten und sie erst nach dem Tod Hans Ritzmanns durch dessen Sohn Stoffel vollendet worden sind. Vielleicht setzte dieser nach Abschluss der Arbeiten 1598 sein Wappen (und dasjenige seiner Ehefrau Anna Strasser von Benken, die er 1597 geheiratet hatte?) auf die Fenstersäule.

1603 folgte schliesslich noch eine letzte Bauetappe. In diesem Jahr nämlich klagten die verschiedenen Müller der Umgebung- der Obermüller Stoffel Breiter, der Schaffhauser Junker Jörg Rittmann als Besitzer der oberhalb Berg gelegenen Mühle von Eigenthal sowie Hans Gysler, Müller von Volken – gegen den Untermüller Stoffel Ritzmann, da dieser in seinem „Stampfhüssle“ zusätzlich zur Stampfe (zu Schrotten des Getreides) eine „Rybe“ (zum Brechen von Hanf und Flachs), einbauen wollte. Junker Rittmann begründete seine Klage damit, dass auch den Vorgängern auf seiner eigenen Mühle vor Jahren die Einrichtung einer Reibe verboten worden sei. Ritzmann verteidigte seine Pläne dagegen damit, dass er die Reibe mit dem gleichen Wasserrad betreiben werde, welche bis dahin schon die Stampfe angetrieben hatte. Den umliegenden Müllern entstehe somit kein Schaden. Zudem habe ihm die Gemeinde vor einigen Jahren untersagt, seine Säge aufzugeben, obwohl sich deren Betrieb für ihn wirtschaftlich nicht mehr gelohnt habe. Das Gericht stellte sich mehrheitlich hinter Untermüller Ritzmann und gestattete ihm, mit dem Umbau fortzufahren. Dieser Meinung schlossen sich auch Bürgermeister und Rat in Zürich an, als sie am 1. Juni 1603 über den Rekurs der Baugegner zu entscheiden hatten[2]. Ritzmann dürfte danach die geplante Reibe im Stampfhaus realisiert haben.

Der Prozess von 1603 lässt aber noch weitere Rückschlüsse auf den ganzen Umbau zu. Interessant ist Ritzmanns Hinweis auf einen früheren Streit um sein Sägewerk. Offenbar wollte er dieses nach dem Tode seines Vaters stilllegen, musste es aber auf Druck der Gemeinde weiter betreiben. Wenn nun aber die Aufgabe einer Säge und der Einbau einer Reibe in der Nachbarschaft solchen Staub aufwirbelte, stellt sich die Frage, warum dies nicht umso mehr beim postulierten Neubau der Mühle 1593-1598 der Fall war? Umbauten, welche Mühlen als ganzes und insbesondere die Wasserräder, die Mahlgänge und die weiteren, mit Wasserkraft betriebenen Maschinen betrafen, führten regelmässig zu Prozessen, da die benachbarten Müller um ihre Konkurrenzfähigkeit fürchteten. Auf einen ersten solchen Fall, der vor 1600 die Mühle Eigenthal betraf, verweisen im Prozess von 1603 die Kläger. 1638 kam es zu einem ähnlichen Streit, als der Müller von Volken seine Mühle um 18 Schritte versetzen wollte, da das alte Haus baufällig war und sich der Untergrund nicht für einen Neubau am gleichen Ort eignete[3]. Auch 1661 kam es zu einem Prozess, als der damalige Obermüller Breiter sein Wasserrad in einem neu erworbenen Haus in der Steig überführen wollte[4].von daher ist es fast nicht denkbar, dass ein kompletter Neubau der Untermühle nicht auch juristisch begleitet worden wäre. Vielleicht handelte es sich dabei doch nur um eine umfassende Renovation, die sicher den Keller und die Wohnräume betraf, jedoch die ganze Einrichtung der Mühle (Wasserrad, Mahlgänge etc.) nicht tangierte. Es kann darum nicht ausgeschlossen werden , dass Teile der bis heute erhaltenen Bausubstanz älter sind, als bisher angenommen.


[1] StAZ E III 42.1, p. 153.
[2] StAZ A 122.1 Nr. 142
[3] StAZ A 122.1 Nr. 210 (14.4.1638) und Nr. 212 (2.4.1638)
[4]
StAZ A 122.2 Nr. 2 (6.5.1661). W I 1 Nr. 1685 und 1686 und B II 512, 86f (25.5.1661)