UNTERMÜHLE FLAACH

Mühlenmuseum zur Unternmühle

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1903 Prospekt Flaach

 
Untermühle Flaach

                Dieselbe liegt im Dorfe Flaach, welches ca 6 km
von den Bahnstationen Andelfingen + Henggart + ca 7 km von
der Bahnstation Rafz entfernt ist. Nach den 2 letzteren Stationen
geht ja Morgens + Abends ein Postfuhrwerk. Flaach zählt
ca 1000 Seelen + ist der grösste Ort des sog. Flaachthales. Das
Gelände von Flaach ist grösstenteils eben + grenzt im
Norden an den Rhein + die Thur (Thurmündung). Die von
diesen beiden Flüssen jedes Jahr nötig werdenden, vom
Kanton bezahlten Schutz- + Korrekturarbeiten schaffen im
Winter eine gute Einnahmequelle für die Bevölkerung von
Flaach. Neben ausgedehntem Frucht- + Futterbau bildet der
Weinbau den hauptererwerbszweig, denn der Flaachemer
Wein ist einer der besstgeschätzten des Kantons Zürich,
wesshalb auch immer hohe Preise daraus erzielt werden.
Eine im Dorfe betriebene Fabrik (Spulerei + Hasplerei) sorgt
für lohnende beschäftigung der weiblichen Bevölkerung von
Flaach. Dem oben Aufgeführten entsprechend sind die öko-
nomischen Verhältnisse von hier, sowie im ganzen Flaach-
thale gut zu nennen.
                Wie schon gesagt, liegt die Untermühle
im Dorfe Flaach+ zwar arrondiert für sich an einer
eigenen Strasse, die den nächsten Weg vom Nachbar-
dorfe Berg + der Kirche Flaach in die Mitte des Dorfes führt.
Von der Hauptstrasse sind es ca 100 m bis zum Mühlen-
gebäude. Sämtliche Gebäulichkeiten der Untermühle liegen
bei einander in einem dazu gehörigen ca 4 ha grossen,
arrondierten Landkanzleje, bestehend aus Garten, Wald, Acker,
Wiesen + Obstgarten.
An Gebäulichkeiten sind vorhanden:
                 Nr. 134a. Wohn- + Mühlengebäude, mit Kelleranbau
+ Sommerwirtschaft, enthaltend: 10 Zimmer, 2 Fruchtschütten,
Küche, grosse Mühlenräumlichkeiten, Weinkeller, Gemüsekeller +
 
 

Sommerwirtschaftsräumen. In der Mühle: 2 Champagnergänge
1 Röndle, 2 Bäutlereien, Putzerei, Stäube etc. Assekuranz-
wert fs. 28.900.-
                Nr. 134b. Ein Gebäude enthaltend: Wagenschopf,
Schaisenremise, Trotte, Werkstatt, Mehlmagazin, 2 Knechte-
kammern, Bäckerei mit Kühlkammer, Wasch- + Schweine-
küch + Schweineställe. Neu angebaut ist ein Hühnerhaus.
Assekuranzwert fs. 6300.-
                Nr. 134c. Eine Scheune mit doppelter Stallung.
Hühner- + Schweinstall. Assekuranzwert fs. 6600.-
                Nr. 134d. das sog. Lehenhaus, welches enthält:
eine Mehlmühle (Saumühle), Gipsstampfe + Gipsmühle mit
Vorratskammer, Gaststall mit 6 Schweineställen, Scheuer
mit Scheuertenne, eine Hanfreibe, Sägerei mit: 2 deutschen
Gängen, zwei Zirkularsägen, Sägerstube, Bretter- + Säg-
mehlraum. in einem Raum dieses Gebäudes hat die im
Dorfe sich befindliche Gerberei die Lohmühleinrichtung
Für sich getrennt stehen ein Hühnerhaus, ferner ein
in Felsen gehauener Keller.
Assekuranzwert von 134d. fs. 18300.-
                Die Gebäude sind in einem durchweg guten, teil-
weise sogar sehr guten baulichen Zustand.
An Land gehört zur Untermühle:
ca 420 aren Land um’s Haus
" 18 " Reben an 1 Stück  
  410,4 " Wiesen " 5 "  
  203,0 " Acker " 7 " so 1051,4 aren Land.
                von der Gemeinde Flaach sind ca 80 aren
Ackerland zugepachtet.
                In der Untermühle wird betrieben: Wirtschaft,
Mehl-, Gips- + Lohmüllerei, Bäckerei, Sägerei + Fraiserei
Fuhrhalterei, Schweine- + Geflügelzucht + a. m.
                 Die Wirtschaft ist Wein-, Bier- + Speise-
wirtschaft. Es wird hauptsächlich Wein konsumiert, im Sommer
 
 
auch Flaschenbier. Der durchschnittliche Jahresverbrauch beträgt
etwa 30 hl Rotwein, 60 hl Weisswein und 3 – 4000 Flaschen Bier.
Der Ertrag aus der Wirtschaft ist im Gegensatz zu den Be-
trägen aus den anderen Betriebszweigen nicht genau er-
sichtlich, dürfte aber mit fs. 2500.- nicht zu hoch gegriffen
sein.
                Die Getreidemühle ist ausschliesslich Kunden-
mühle + als eine der besten + gangbarsten Kundenmühlen
des Kantons Zürich bekannt; denn in Flaach + dem
ganzen Flaachthale wird noch stark Getreidebau getrieben.
Die Untermühle hatte von jeher den Ruf der gangbarsten
Kundenmühle der Gegend + sie wird dies, wenn in
guten Händen + unter richtiger Geschäftsführung dank der
günstigen Lage + der konstanten Wasserkraft stets bleiben.
In die Mühle kommt die Frucht aus 9 Ortschaften: Flaach,
Volken, Ellikon a. Rh., Berg, Gräslikon, Weiler, Ob.- + U. Buch,
Rüdlingen + Buchberg. Die Frucht wird zum grössten Teil
von den Kunden selbst gebracht + das Mehl abgeholt, sodass
das Umfahren keine besonders grosse Mühe verursacht.
Der Ertrag der Mühle beläuft sich je nach Jahrgang auf fs. 4000.-
bis 6000.- . Es wäre aber, so man sich intensiver auf die Mühlerei
verlegen wollte, was ganz besonders für einen Fachmann zu
empfehlen wäre, dieser Ertrag ganz gut zu verdoppeln. Es
wäre dies namentlich auf desshalb zu empfehlen, weil der
Gang der Mühle einen wesentlichen Einfluss nicht nur
mit den Gang der Wirtschaft, sondern denjenigen der
ganzen Geschäftes ausübt.
                Mit der Müllerei verbunden ist ein Kleinwarverkauf
von Mehl + Futterwaren
, was auch einen jährlichen Ertrag
von fs. 500.- bis 1000.- abwirft.
                Die Gipsmüllerei ist infolge der allgemein
aufgekommenen Verwendung künstlicher Düngemittel
gegen früher zurückgegangen; allein der Betrieb ist ein ein-
facher + die dabei nötigen Arbeiten können zu Zeiten ver
richtet werden, da sonst nicht viel versäumt wird. Es
 
 
werden pro Jahr 5 – 6 Wagenladungen verschafft; die Wagen-
ladung kostet franko Station Rafz ca fs. 55.- + liefert einen Er-
lös von ca fs. 170.-; ungefährer Gipsmühleertrag saldo fs. 600.-
                Die Säge ist in der Hauptsache Kundensäge, jedoch
wird auch z. t. je nach Umständen mehr oder weniger auf den
Handel geschnitten, die Schnittpreise sind noch ziemlich gute.
Für einen Säger ist, wann nicht viel auf den Handel geschnitten
wird auf etwa ½ Jahr beschäftigung vorhanden.
                Zu dem Sägegebäude sind, wie schon weiter oben er-
wähnt noch untergebracht: Lohmühle, Hanfreibe + eine das
letzte Jahr verbessert eingerichtete Drescherei . Es liefern diese
betriebszweige mit der Säge + Holzhandel zusammen einen
jährlichen Ertrag von fs. 1500.- bis fs. 2500, die sich ergebenden
Abfälle, wie Schwarten + Sägspäne nicht mit gerechnet.
                Die für die Mühle, Gipsmühle, Säge etc. er
forderliche Kraft liefert der vom Irchel, einem Gebirgszug
herkommende Bergbach, der meistens Quellwasser führt + sehr
konstant ist. Das Wasser wird ca 500 m überhalb des An-
wesens sehr einfach + solid gefasst + in einem offenen,
die letzten 100 m dagegen gedeckten Kanal zugeleitet; es
fliesst zuerst mit etwa einem Gefälle von 6 m auf das
Mühlewasserrad, von da unterirdisch weiter + trift sich auf
ein Wasserrad in der Sau- + Gipsmühle + ein solches in
der Säge, mit einem nochmaligen Gefälle von etwa 5 m.
Betriebsstörungen durch Hinterwasser oder Vereisen kommen
nie vor, wenn in der Säge nur einigermassen dem
letzteren vorgebeugt wird. Bei normalen Wasserstand
ist die nutzbare Wasserkaft in der Mühle ca 8 Pferde, in der
Gipsmühle 3 + gleichzeitig in der Säge 4 – 5 Pferde, od.
in der Gipsmphle allein etwa 4, od. in der Säge allein
etwa 6 Pferde. Die normale Gesammtwasserkraft beträgt
also 14 Pferdestärke, die sich in ganz trockenen Sommern
auf höchstens die Hälfte reduzieren können, jedoch nie so
abnehmen, dass Säge od. Mühle still stehen müssten. Das
Mühlwasserrad ist noch fast neu, die beiden andern frisch
 
 
renoviert + in einem ebenfalls guten Zustand.
                Die zur Untermühle gehörige Landwirtschaft liefert
genügend Krautfutter für 6-5 Stück Grossvieh, 4-5 Pferde +, 15-20
Schweine; z. Z. sind vorhanden 7 Stück Grossvieh, 2 Ziegen,
5 Pferde+ 16 grosse Schweine.
                Der Ertrag aus der Viehaltung setzt sich zusammen
aus Erlös + Mehrerlös vom Vieh + den Baareinnahmen aus
Butter + Schmalz. Er beläuft sich, die in der grossen Haus-
haltung + bei den Schweinen verwendete Milch nicht mit
gerechnet auf ca fs. 1000.-
                Mindestens 4 Pferde sind vielfach zum Betrieb
des eigenen Geschäftes notwendig, haben aber doch nicht
genügend Arbeit. Es wird deshalb nebenbei Fuhrhalterei
betrieben. Es sind dies Fuhrleistungen der verschiedensten Art,
wie: Holz, Kies, Sand + Mistfuhren, z‘ Acker fahren + a., sowie
solche für die im Dorfe befindliche Fabrik + Cementerei ab
der Bahn. Der jährliche Ertrag der Fuhrhalterei beläuft sich
auf fs. 3 - 4000.-
                Seit 6 Jahren wird Schweinezüchterei betrieben,
die einen weitverbreiteten guten Ruf erlangt hat. Teilweise
wird das grosse weisse Edelschwein rein gezüchtet+ davon
die zur Zucht geeigneten Jungen meistens nach auswärts
zu erhoften Preisen versandt. Die Ferkel werden alle in
Hause verkauft, wie überhaupt deren Absatz stets ein
flotter ist. Z. Z. sind an Schweinen vorhanden: 2 Zuchteber
10 Mutterschweine, 4 Mastschweine + 3 Läufer. Bei diesem
Schweinebestand + einem nur mittleren Jahrgang verwertet
die Schweinehaltung die aus der eigenen Landwirt-
schaft anfallenden Rauhfutterstoffe, als Klee, Kartoffeln +
Runkeln, die Küchenabfäll + die abgerahmte Milch, die
gehabte Arbeit + Mühe nicht gerechnet, die verwendeten
Kraftfuttermittel als Mais + Malztreber, Grüsch + Futtermehl.
also auch die aus der Mühle anfallenden dagegen abge-
rechnet mit einem Ertrag von fs. 2500.- bis 3000.-
                Die Schweineställe, 14 Stück sind in 2 verschiedenen
 
 
Gebäuden untergebracht + und erst einige Jahre alt.
                Die aus der Mühle sich ergebenden Putzereiabfälle
werden durch das Geflügel verwertet. Dieses wirft ausser
der in der eigenen Haushaltung verwendeten an baarer-
lös einen Ertrag von etwa fs. 500.- pro Jahr ab.
Die Bäckerei ist seit 15. April 1898 verpachtet.
Der Pächter zahlt einen jährlichen Pachtzins von fs. 300.- +
backt das für die Haushaltung nötige Brot, den Zentner
Mehl zu fs. 2.- . Mit dem 15. April d. J. geht die Pachtzeit
zu Ende + wird die Bäckerei dann wahrscheinlich wieder
in eigenen Betrieb genommen werden.
Das Personal, wie es zum Geschäftsbetrieb
nötig ist, setzt sich zusammen aus: 1 Mahlknecht, einem
Säger, einem Fahrknecht, einem 2. Pferde- und Viehknecht,
einem vom Armengut dahier verkostgeldeten älteren
Mann, 2 Mägden + einem Kindermädchen. Taglöhner sind
ausgenommen dann + wann im Sommer, nur selten
notwenditg.
Das Inventar ist der Mannigfaltigkeit des
Geschäftes entsprechend ein sehr reichhaltiges, ein allen
Anforderungen genügendes + in einem durchwegs sehr
gut unterhaltenen Zustande. Ein vollständiges Inventar-
verzeichnis anzugeben, würde zu weit führen + will
ich daher nur kurz erwähnen: vollständiges Haushaltungs-
Wirtschafts-, Mühlen- + Sägeninventar, ferner für ca
216 hl Fassung, 1 Weinpumpe mit den nötigen Schläuchen,
in der Trotte ca 10, teils eichene, teils tannene
Standen + Zuber, 9 Waagen mit 10 - 120 tragkraft,
1 Sägetransportwagen, 1 fast neue Viktoriani…chaise, 1 Renn-
schlitten, 3 Fuhrschlitten, 2 Selbsthalterpflüge, 2 eiserne, 2hölzerne
Eggen, 1 Futterschneidmaschine, 1 Mähmaschine, 1 Pferderechen,
1 Heuwender, 2 Güllenfässer, 6 Fuhrgeschirre, 3 Chaisengeschirre,
 
 
1 Reitsattel, 4 Winden, ca 20 Ketten u.s.w. u.s.w. . Der Ge-
samtwert des vorhandenen toten + lebenden Inventars,
die private Hauseinrichtung nicht inbegriffen ist niedrig
berechnet fs. 25000.-.
Zusammenstellung
Die vorhandenen Werte sind:
1) Gebäude assekuriert mit fs. 60000.-
2) 10 pferdige Wasserkraft mit fs. 500.- pro Jahr    
  berechnet + kapitalisiert fs. 10000.-
3) Liegenschaften   30000.-
4) Inventar   25000.-
    So fs. 125100.-
Die Jahreseinnahmen sind:
  1) aus der Wirtschaft ca fs. 2500.- bis fs. 2500.-
  2) " " Mühle   4000.- " 6000.-
  3) " " Mehlhandel etc.   500.- " 1000.-
  4) " " Gipsmühle   600.- " 600.-
  5) " " Säge etc.   1500.- " 2500.-
  6) " " Viehhaltung   1000.- " 1000.-
  7) " " Fuhrhalterei   300.- " 4000.-
  8) " " Schweinehaltung   2500.- " 3000.-
  9) " " Geflügel   500.- " 500.-
  10) " " Bäckerei   300.- " 300.-
          So fs. 16400.- bis fs. 21400.-
                Wenn auch ein ew. Käufer sich kein genaues
Bild von den wirklichen Werten dieses Geschäftes machen
kann, ohne solches vorher gesehen zu haben, so mag es
 
 
für ihn doch wünschenswert sein, den ungefähren Kreis
hiefür zu erfahren. Ich will daher, nachdem ich die ein-
schlägigen Verhältnisse wahrheitsgetreu geschildert habe, den
Verkaufspreis so stellen, dass er dem tatsächlichen Werte
nicht nur entspricht, sondern auch jeder Käufer sein gutes
Fortkommen finden kann. Derselbe beträgt für das ganze
Geschäft ausgenommen die vorhandenen Waarenvorräte,
die private Hauseinrichtung + einige Inventar-
stücke fs. 120000.- . Hauptverkaufsbedinung ist eine
Anzahlung von fs. 50000.-
, der Rest könnte dem Käufer
stehen gelassen werden.
                Zum Schluss will ich noch einige Bemerk-
ungen beifügen. – Die oben angeführten Werte sind
keine scheinbaren od. Spekulationswerte, sondern wirkliche
tatsächliche nutzbringende, also rentierende, was auch
durch die Angaben betr. der Jahreseinnahmen nachge-
wiesen ist, indem diese Zahlen aus den geführten Büchern
ausgegeben sind. Das Geschäft wurde von mir auch
nicht behufs Spekulation gekauft, sondern ich habe vor
5½ Jahren in Dasselbe eingeheiratet + von meinem
Schwiegervater übernommen, welcher jetzt noch einen
Hypothekeintrag von fs. 40000.- darauf stehen hat. Es
ist dies die einzige Last, welche auf dem Geschäft ruht.
Jetzt will ich das Geschäft verkaufen, weil ich von
meinem eigenen Vater dessen Geschäft, welches schon
lange in unserem Familienbesitze ist, übernehmen soll.
                Zu jeder weiteren Auskunft bin ich gerne
bereit + zeichne
hochachtend
Flaach im Januar 1903
O. Schönenberger